Erfahren Sie, wie Ihr Gehirn, und das der Lernenden, Inhalte aus E-Learning-Kursen eigentlich verarbeitet – und wie Sie diesen Prozess verbessern können!
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Die E-Learning Branche in Deutschland wächst seit den letzten Jahren stetig an.
Immer mehr Unternehmen setzen auf webbasierte Trainings, Online-Schulungen, Erklärvideos und mehr. Der Netto-Gesamtumsatz wurde vorsichtig auf 1 Milliarde Euro nur für Deutschland geschätzt. International lag der E-Learning Markt bei einem geschätzten Netto-Gesamtumsatz von 144 Milliarde US Dollar.
Das Lernen mit elektronischen Mitteln effektiv ist und zu sehr guten Ergebnissen führt, ist bekannt.
Wie können Sie jedoch beeinflussen, wie ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin das Wissen behält? Hat die Gestaltung des E-Learnings einen Einfluss auf die langfristige Speicherung der Inhalte?
E-Learnings können umfangreich und komplex sein, wie dieses von uns für Bosch erstellte Training.
In diesem Artikel gehen wir zunächst auf die kognitiven Abläufe ein. Im Anschluss geben wir Ihnen praktische Tipps für die Anwendung auf Ihr E-Learning mit an die Hand.
Fangen wir direkt mit der Theorie an.
Wie verarbeitet Ihr Gehirn Informationen aus einem E-Learning?
Die Fähigkeit des Gehirns, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und zu speichern wird Kognition genannt. In der kognitiven Lerntheorie werden die Denkprozesse des Lernenden erforscht.
Das Lernen wird als Prozess betrachtet, neue Informationen aufzunehmen und in vorhandenes Wissen zu integrieren. Dabei wird zwischen dem Arbeits- und dem Langzeitgedächtnis unterschieden.
In dem Arbeitsgedächtnis finden die gesamten aktiven Denkprozesse eines Menschen statt. Es ist außerdem verantwortlich für die Aufnahme neuer Informationen. Das Langzeitgedächtnis wiederum enthält das bereits vorhandene Wissen. Bei der Verarbeitung neuer Informationen findet ein Austausch zwischen Arbeits- und Langzeitgedächtnis statt.
Ist mit Arbeitsgedächtnis das Kurzzeitgedächtnis gemeint?
Die Antwort ist nein. Wahrscheinlich haben Sie schon einmal von dem Kurzzeitgedächtnis gehört. Dieses ist tatsächlich etwas anderes als das Arbeitsgedächtnis, auch wenn die beiden Begriffe im Alltagsgebrauch teilweise stellvertretend füreinander verwendet werden.
Jenny Reuter fasst die wichtigsten Infos zum Arbeitsgedächtnis zusammen.
Der Begriff Kurzzeitgedächtnis stammt aus der Erlanger Schule der Informationspsychologie und ihrem Konzept der Kurzspeicherkapazität. Man ging hier davon aus, dass es ein einziges einheitliches System zur kurzfristigen Speicherung von Informationen gibt.
Mittlerweile wird jedoch von verschiedenen Systemen gesprochen, die verschiedene Arten von Informationen verarbeiten. Neuropsychologen können die Verarbeitung je unterschiedlichen Bereichen des präfrontalen Cortex zuordnen.
Der Unterschied zwischen Kurzzeit- und Arbeitsgedächtnis ist:
- Das Kurzzeitgedächtnis ist ein simpler, kurzfristiger Speicher.
- Das Arbeitsgedächtnis kann Informationen verarbeiten und manipulieren, zusätzlich zur kurzfristigen Speicherung.
Für den Prozess der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung, ist das Zusammenspiel von Arbeits- und Langzeitgedächtnis wichtig.
Wie funktioniert der Prozess genau?
Das Arbeitsgedächtnis ist nur begrenzt aufnahmefähig und muss Informationen entweder im Langzeitgedächtnis lagern oder vergisst diese wieder.
Den Prozess kann man sich wie die Arbeit an einem Whiteboard vorstellen. Sie fügen ständig Notizen, Ideen und Anmerkungen hinzu, bis kein Platz mehr auf dem Whiteboard ist. Das Whiteboard (stellvertretend für das Arbeitsgedächtnis) ist irgendwann voll.
Sie nehmen also stattdessen ein paar der Ideen und halten sie in einem Nachschlagewerk fest. Jetzt können Sie Inhalte auf dem Whiteboard wegwischen und weiter arbeiten.
Bei einem E-Learning-Kurs landen alle Informationen zunächst im Arbeitsgedächtnis. Sie werden dort empfangen, verarbeitet und gegebenenfalls in das Langzeitgedächtnis integriert.
Je mehr Informationen Sie empfangen, desto weniger schafft es das Gehirn diese zu verarbeiten. Wenn das Arbeitsgedächtnis des Gehirns sein Limit erreicht hat, nennt man dies eine kognitive Belastung.
Genau diese kognitive Belastung müssen Sie bei der Erstellung Ihrer E-Learning Inhalte vermeiden! Das Gehirn benötigt Raum, um Informationen zu verarbeiten, damit der Lernende diese später wieder abrufen (sich erinnern) kann.
Wie genau Sie dies für Ihr E-Learning umsetzen können, besprechen wir jetzt:
So setzen Sie dies für Ihr E-Learning um.
Wenn sich Teilnehmende eines E-Learnings besser an Inhalte erinnern sollen, müssen Sie die Inhalte Arbeitsgedächtnis-freundlich gestalten.
Hinzu kommt, dass die Informationen mit Wissen aus dem Langzeitgedächtnis verknüpft werden müssen, um langfristig abrufbar zu sein.
Im Folgenden gliedern wir die Umsetzung in drei Punkte auf.
Inhalte in kleine Lerneinheiten aufteilen.
Als erstes gehte es darum, eine kognitive Belastung zu vermeiden. Teilen Sie die Inhalte in kleine Lerneinheiten auf, die das Arbeitsgedächtnis nicht überlasten.
In diesem Blogcast geben wir Tipps zu den kleinen E-Learning Häppchen.
Es sollte also nicht zu viel Information in einer Lerneinheit verpackt sein. Gleichzeitig sollten die Inhalte relevant sein, damit Sie den Lernprozess im Arbeitsgedächtnis nicht stören.
Ein E-Learning, dass in kleine Einheiten unterteilt wurde, wird auch Micro Learning genannt. Es eignet sich perfekt für den Einsatz in Unternehmen, da Mitarbeiter die kurzen Einheiten zwischen ihrem Alltagsgeschäft absolvieren können.
Einsatzgebiete sind zum Beispiel:
- Die Schulung von Mitarbeitenden zur Erfüllung von Sicherheitsstandards.
- Den Umgang mit sensiblen Daten, Produkten, Maschinen oder Arbeitsbereichen erlernen.
- Verhaltensmuster, beispielsweise im Umgang mit dem Kunden, vermittelt bekommen.
- Neue Prozesse und Aufgabenbereiche lernen.
- Die Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
Auf Vorkenntnissen aufbauen.
Als zweites sollten Sie Ihr E-Learning so gestalten, dass Sie auf Vorkenntnisse der Teilnehmenden aufbauen können.
Was wissen die Teilnehmenden bereits? Wenn neue Informationen zu bereits vorhandenen aus dem Langzeitgedächtnis passen, lernt es sich einfacher. Die Person kann sich an diese Inhalte später besser erinnern.
Fangen Sie daher immer mit Wissen an, das jeder der Teilnehmer besitzt und bauen Sie darauf auf.
Realen Bezug herstellen und verdeutlichen.
Genauso wichtig ist es, dass Sie einen realen Bezug herstellen. Hier geht es wie bei den Vorkenntnissen darum, Langzeitgedächtnis und Arbeitsgedächtnis zusammen arbeiten zu lassen.
In diesem interaktiven E-Learning lernt der Teilnehmer spielerisch den perfekten Umgang mit Kunden in Stresssituationen.
In einem von uns erstellten E-Learning ging es zum Beispiel darum, Servicemitarbeiter auf stressige Situationen vorzubereiten. Die Mitarbeitenden sollten dazu in der Lage sein, auf Lerninhalte später sofort und spontan wieder zurückgreifen zu können.
Das gelang durch reale Bezüge, die bereits während des E-Learnings gesetzt wurden.
In den Videos wurde die Umgebung abgebildet, in der sich der Servicemitarbeiter später befinden wird. Anschließend wurden Fragen und Beschwerden verwendet, die bei Kunden sehr häufig vorkommen.
Sieht sich der Kursteilnehmenden später einer gereizten Kundin gegenüber, kann er die Information sofort mit seinem Wissen aus dem E-Learning in Einklang bringen – und die Situation positiv für alle Beteiligten regeln.
Sorgen Sie also dafür, dass Sie einen Kontext zu dem Arbeitsumfeld und der Arbeit des E-Learning Teilnehmers oder Teilnehmerin herstellen.
Die Person kann so auch schon während der Bearbeitung der Lerninhalte versuchen, Verknüpfungen herzustellen. Empfehlenswert ist ein Austausch unter den Teilnehmern. Es kann diskutiert werden, wo und wie das Wissen in der Praxis bei Ihnen im Unternehmen zum Einsatz kommt.
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Und das waren die drei Tipps, um Ihre Lerninhalte unvergesslich zu gestalten. Gliedern Sie die Inhalte in kleine Lerneinheiten, bauen Sie auf Vorkenntnisse auf und setzen sie alles in einen realen Kontext.
Die Arbeitsgedächtnisse Ihrer Teilnehmer werden es Ihnen danken!
Lassen Sie uns jetzt noch festlegen, wie Sie wissen, ob Ihre Änderungen an dem E-Learning auch Früchte tragen:
Zuletzt: Erwartungen festlegen und messbare Lernziele definieren.
In den vorangegangenen Abschnitten haben Sie erfahren, wie Sie Ihr E-Learning so gestalten, dass sich Lernende besser an die Inhalte erinnern.
Doch was genau stellen Sie sich unter „besser” vor, was sind Ihre Erwartungen an die Kursteilnehmenden?
Ein erfolgreiches E-Learning beruht auf klar definierten und messbaren Lernzielen. Mit diesen machen Sie sich selbst bewusst, was Sie mit dem E-Learning erreichen müssen. Auf der anderen Seite können Sie die Ziele im Anschluss übersichtlich an Ihre Mitarbeiter, beziehungsweise die Kursteilnehmenden kommunizieren.
Im Folgenden geben wir 7 Tipps, wie Sie messbare Lernziele definieren:
#1 Zwischen kurz- und langfristigen Lernzielen unterscheiden.
Mit kurzfristigen Lernzielen meinen wir Etappenziele. Es sind die Schritte, die ein Teilnehmender unternimmt, um ein bestimmtes Ergebnis zu erreichen.
Langfristige Lernziele sind genau diese Ergebnisse, die von dem E-Learning erwartet werden.
mediaco-op halfen dabei, zu verdeutlichen, dass Gleichberechtigung jeden etwas angeht.
Das Video ist zum Beispiel ein Auszug aus einem E-Learning zum Thema Gleichberechtigung. In Schottland entwickeln die Mitarbeiter des Scottish Government Equalities team Richtlinien für die allgemeine Bevölkerung.
Mit dem E-Learning soll langfristig erreicht werden, dass die Mitarbeitenden der Abteilung die Bedürfnisse aller betroffenen und beteiligten an einer Richtlinie nicht aus dem Auge verlieren. Ein kurzfristiges Ziel war, zu verstehen, dass mit den neuen Wickelstationen in öffentlichen Toiletten Familien geholfen wurde, aber die Bedürfnisse von Vätern dabei nicht bedacht wurden.
Legen Sie also kurzfristige Lernziele fest, am besten je ein Lernziel pro E-Learning-Einheit. Diese zusammen helfen Ihnen im Gesamten dabei, langfristige Lernziele zu erreichen.
#2 Lernziele mit Fristen mitteilen.
Als nächstes geht es darum, die Lernziele den Teilnehmenden vor der Teilnahme an dem E-Learning auch mitzuteilen.
Sie können zum Beispiel eine Karte oder ein Diagramm erstellen, das oder die den Lernprozess visualisiert. Während dem Kurs erinnern Sie die Teilnehmer an diese Ziele. Bestandene und erreichte Ziele feiern Sie mit kleinen Erfolgen und bestärken die Person positiv.
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Festgelegte Fristen helfen dabei, die Ziele in einen zeitlichen Kontext zu bringen. Es ist für die Mitarbeiter:in nicht mehr nur wichtig, die Inhalte irgendwann mal zu verstehen. Stattdessen weiß er oder sie jetzt, dass die Ziele zum Beispiel bis zum Ende des E-Learning-Moduls 1 im Mai erreicht werden müssen.
#3 Wie bewerten Sie das Erreichen der Ziele?
Wenn die Lernziele feststehen, geht es darum, die Bewertung festzulegen.
Sie haben die Möglichkeit Quizze einzubauen, schriftliche Aufgaben einzuverlangen oder können beispielsweise eine Gruppenarbeit mit anschließender Präsentation ansetzen.
Schaffen Sie Möglichkeiten, das Erreichen von Lernzielen auf eine für den Teilnehmer motivierende Art und Weise zu prüfen.
Achten Sie nur darauf, dass Sie Bewertungsmethoden wählen, die auf die Lernziele abgestimmt sind und Ihnen zeigen, ob diese erreicht wurden.
#4 Lernziele sollten präzise und klar formuliert sein.
Die Teilnehmenden des Kurses sollten allesamt verstehen können, was von ihnen erwartet wird.
Lassen Sie keinen Platz für Mehrdeutigkeiten.
Versetzen Sie sich in die Lage des Teilnehmers oder der Teilnehmerin. Wie würde die Person das formulierte Ziel verstehen? Eventuell können Sie die Zielsetzung sogar an ein paar Kandidaten testen und Feedback zur Verständlichkeit erhalten.
#5 Messbare Ziele festlegen.
Neben der Verständlichkeit ist die Messbarkeit der Lernziele von genauso hoher Bedeutung.
Hier ist es wichtig, dass die Ziele sowohl für Sie als auch für die Teilnehmer messbar sind. Sie können damit sicherstellen, dass alle die vereinbarten Ziele auch erreichen. Teilnehmer haben die Möglichkeit, ihren eigenen Fortschritt selber zu überwachen. Das hilft ungemein bei der Motivation und dem weiteren Lernprozess.
#6 Lernziele für alle erreichbar machen.
In diesem Ziel geht es darum, das Erreichen der Ziele für alle innerhalb des angestrebten Zeitplans zu ermöglichen.
Berücksichtigen Sie, mit welchen Vorkenntnissen die Personen in das E-Learning starten. Außerdem ist es wichtig, mit abwechslungsreichen Inhalten alle Lerntypen anzusprechen. Manche lernen zum Beispiel besser mit Texten, andere mit Bildern.
#7 Geeignetes Vokabular für die Formulierung der Ziele.
Als letztes geht es jetzt noch darum, die wörtliche Formulierung der Lernziele zu meistern.
Wählen Sie bei der Beschreibung Verben, die positiv wirken und motivieren. Vermeiden Sie verneinende Formulierungen.
Wie oben bereits erwähnt, sollten Sie außerdem Mehrdeutigkeiten und schwer zu verstehendes Vokabular vermeiden.
Gestalten Sie Ihr E-Learning lern- und erfolgsorientiert.
In allen Fällen gilt: E-Learnings sind perfekt dafür geeignet, Inhalte kurz- und langfristig zu vermitteln. Mit den Tipps aus diesem Artikel sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Kursteilnehmer ab sofort an noch mehr erinnern können!
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Erstellung und Gestaltung.
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